Tipp 15, Oboenmusik (also Ge-hört)

Mal zwischendrin: Eine Hör-Empfehlung! Albrecht Mayer, Vocalise, DG 2016 China-Air sei Dank! So ein Flug von Taipeh nach Frankfurt dauert 13 Stunden 40 Minuten. Das Medienangebot war gut. Da ich aber keine Filme gucke und irgendwann zu müde zum Lesen wurde, hörte ich mein übliches Repertoire von Chopin, Brahms, Mozart und Co schon mehrfach. Auf der Suche nach Neuem fand ich eine CD von Albrecht Mayer, Oboist der Berliner Philharmoniker. Eine Repertoire-Kollektion stellte ich voller Misstrauen fest, denn ich mag keinen Klassik-Eintopf. Aber Mayer hat mich mit seiner Auswahl so gefangen, dass ich die um 4.30 Uhr servierte warme gefüllte Teigtasche (!!) von China Air beinahe verschmäht hätte. Schmeckte aber wunderlicher Weise sehr gut. Die Auswahl, die Mayer da gewagt hat, ist sehr gefällig, aber überhaupt nicht kitschig oder sentimental: Händel, Ravel, Schumann, Fauré, Mozart, Bach, Debussy, Humperdinck, Vivaldi, Marcello, Hahn, Weismann. Zum Wegschmelzen, trotzdem nicht dick aufgetragen, gut arrangiert, angenehm runder, voller Oboenklang. Der Titel? Eine Zusammenstellung persönlicher Lieblingsstücke von Mayer, die besonders die „sanglichen“ Eigenschaften seines Instruments hervorheben. Ausdrückliche Empfehlung! Albrecht Mayer, Vocalise, DG 2016 (Danke, China-Air!)  

Tipp 14, Vicky Baum, Liebe und Tod auf Bali

Gut also, man muss ja nicht gleich nach Bali fahren, um diesen Roman zu lesen. Ich besorge mir immer passend zur Reise dieses und jenes für meinen E-Reader (Gewicht sparen!) und bin in diesem Fall ganz froh, dass ich mich nicht von den Kassandrarufen „Unterhaltungsliteratur“ einiger Rezensenten abschrecken ließ. Der Roman ist 1937 nach einem mehrmonatigen Aufenthalt der reiselustigen Autorin auf dem damals noch völlig unerschlossenen Bali entstanden. Sie hat offenbar exzellent recherchiert und erzählt mit großer Präzision und Einfühlung die Geschichte der Menschen auf Bali zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Man erfährt sehr viel über Sitten und Gebräuche und das Lebensverständnis der einfachen Reisbauern, aber auch des Adels, insbesondere des Raja, des Herrschers des Königreichs Badung (heute Denpasar). Das ist alles sehr spannend und interessant aufgeschrieben. Ich bin nur einmal eingeduselt, am Strand von Bali liegend: Die Geschichte mit den Kampfhähnen fand ich etwas ermüdend, es war allerdings auch ganz schön warm…Die Schilderung des „Puputan“, dem Massenselbstmord von 1906, ist allerdings dann wieder ungeheuer fesselnd aufgeschrieben, weil der Leser eine Chance hat, die Geschichte „von innen“ zu verstehen durch den Wechsel zwischen der Innenperspektive eines jungen holländischen Offiziers und der Balinesen. Das ist auch erzählerisch richtig gut gemacht. Vicky Baum war eine Vielschreiberin, mancher Text von ihr mag als trivial gelten (sie schrieb einen Bestseller nach dem anderen, und was mögen die Leute???), aber dieser Roman ist meiner Meinung nach eine Wiederentdeckung wert. Falls Sie keine E-Books mögen: Den Roman gibt es auch (wieder) als Paperback: Vicky Baum, Liebe und Tod auf Bali, 1937

Tipp 13: Jung Chang, Wilde Schwäne

Die Geschichte einer Familie – Drei Frauen in China von der Kaiserzeit bis heute Jung Chang erzählt die Geschichte von drei Generationen Frauen ihrer Familie in China. Das, was ich getan habe, nämlich das Buch zu lesen, während wir durch China reisten, ist natürlich ein Glücksfall, den Sie so schnell nicht arrangieren können. Trotzdem behaupte ich, dass das Buch sie genauso fesseln wird wie mich, wenn Sie sich überhaupt für die Geschichte von Frauen und/oder China interessieren. Das geht auch im deutschen Lehnsessel.

Tipp 12: Der Geruch des Paradieses

Elif Shafak, Der Geruch des Paradieses Im Herbst 2015 hat Elif Shafak sich im Spiegel zur Situation der Frauen in der Türkei geäußert, indem sie die Widersprüche ihrer eigenen Biografie schildert und neuere Beispiele der Unterdrückung türkischer Frauen anführt. Sie geht davon aus, dass die Situation der Frauen sich weiter verschlechtern wird. Wenn wir mit Sorge auf die Rolle der Medien und andere Entwicklungen in der Türkei schauen, wohl leider keine falsche Vermutung.

Tipp 11: Der Bastard von Istanbul

Stopp! Ich weiß, es gibt in diesen Tagen einen neuen Roman von Elif Shafak. Ich rate, erst einmal diesen zu lesen, um sich einzudenken und einzufühlen in Shafaks Stil. Zugegeben: Der Bastard von Istanbul hat kleine Schwächen, die dadurch entstehen, dass schwerwiegende Themen (Völkermord an den Armeniern, inzestuöse Vergewaltigung) ziemlich leichtfüßig daherformuliert kommen. Trotzdem lesen!