Feuer und Frauen – Island für Anfänger und Innen

  Feuer und Frauen – Island für Anfänger und Innen Kein Reisebericht Frauen „Ich bin zu 110 Prozent Feminist“, sagt unser Reiseleiter und dann sehr ernst in das leicht irritierte Knickern seiner deutschen Reisegrupp hinein: „Das muss man als Mann schon sein!“ Voller Ehrfurcht und Hochachtung erzählt er von Vigdis, die 1980 das erste weibliche Staatsoberhaupt Islands (und überhaupt) war. Ich bin ganz gut vorbereitet in dieser Frage, weil ich die Texte von Anne Siegel gelesen habe, aber trotzdem beeindruckt und denke an die blöden Sprüche von „der Mutti“ und dem Gemäkel an Frisur und Jackett unserer Kanzlerin. Das hier hört sich entschieden anders an. Er lobt auch die derzeitigen Politikerinnen und deren großartige Leistungen. Der Nachname von Vigdis ist Finnbogadottier, gleich mal zum Eingewöhnen an die für unsere Augen und Ohren etwas schwierigen Namen (Dottier ist Tochter von und relativ unwichtig, denn sortiert wird– auch im Telefonbuch – nach den Vornamen der Menschen). Da stellt man sich gleich die 4000 Noahs und 7000 Julias im Lingener Telefonbuch vor. Es macht eben auch einen Unterschied, ob ein Land nicht einmal 400 000 Einwohner hat (Island, wie eine deutsche Großstadt, etwa Köln) und nicht 83 Millionen wie Deutschland. Island ist weltweit eines der ersten Länder, das Frauen das Wahlrecht (1915 für Frauen über 40, 1920 für alle) verlieh. Dass aber auch dort weiterhin Handlungsbedarf in der Angelegenheit Gleichberechtigung besteht, zeigt die Tatsache, dass nicht nur 1975 satte 90 Prozent! der Frauen die Arbeit niedergelegt haben, sondern auch noch 2023 die Hälfte der isländischen Frauen (ca. 100 000) streikten. Ich rechne mal kurz: Das wären in Deutschland etwa 20 000 000, die nicht zur Arbeit gingen, nicht die Kinder aus der Kita holten und kein Mittagessen kochten. Und im Falle befürchteter Repressalien durch den Arbeitgeber halt an ihren Arbeitsplatz gingen und dort strickten. Letzteres stelle ich mir ziemlich witzig vor… Unser Reiseleiter hat in Tübingen studiert, was sein ausgezeichnetes Deutsch mit eingestreutem „soodele“ erklärt und er hat aufgepasst. Er möchte lieber weiter in Island leben…Wenn es aber im „Frauenparadies“ immer noch viel zu tun gibt, dann könnte eine doch angesichts derzeitiger Entwicklungen einen ordentlichen Skepsis-Anfall haben. Hat sie auch, aber jetzt kommt die Sache mit der Landschaft… Feuer Feuer und Eis, um dem Stereotyp gleich mal Rechnung zu tragen. Und was soll ich sagen: Amtlich sehr viel schöne Gegend! Gegend und Schafe, Gegend in Schwarz (Vulkane) und Weiß (Schnee) und Grün (Wiesen). Dazu kommt das Blau der Lupinen, des Himmels und des Wassers. Wir fahren zu beeindruckenden Geysiren und wunderschönen Wasserfällen. Die Kombination aus Gletschern, Vulkanen, Wasserfällen, Lavafeldern und geothermalen Quellen ist beeindruckend. Etwa 11% der Fläche Islands ist von Gletschern bedeckt. Sie sind nicht nur schöne Naturphänomene, sondern auch wichtige Wasserquellen und Klimaregulatoren und ihr Abschmelzen bereitet den Isländern Sorge. Trotzdem: Amtlich schön all das! Island liegt auf der Grenze zwischen der eurasischen und der nordamerikanischen tektonischen Platte, was zu einer außergewöhnlich hohen vulkanischen Aktivität führt. Angesichts blühenden Thymians und Dryas octopetala lacht auch mein Botaniker-Herzchen. Und der kleine Botanische Garten in Akureyri (auf dem A betonen!) ist nett, alles dort etwa 4 Wochen später als bei uns. Also: Frühling reloaded! Und ja, … die Lupinen: Von den Wikingern an wurde abgeholzt, was das Zeug hielt -davon können viele Länder ein langes trauriges Lied singen – was dann irgendwann zu Bodenerosion führt. Die Isländer haben zwei Antworten darauf. Die eine ist Aufforstung, die inzwischen erstaunlich gut funktioniert. Das dauert aber. Der dazugehörige Witz ist: Wenn man sich in Mitteleuropa in einem Wald verirrt, hat man eventuell ein Problem. In Island braucht man nur aufstehen und nachsehen, wo man ist… Es gab aber schon auch ganz beeindruckende Ergebnisse. Es braucht halt… Die andere Antwort: kanadische Lupinen. Tiefwurzler, die auch noch Stickstoff in den Boden einbringen. Ende Mai ist Island blau vor Lupinen, die sich ungeheuer verbreitet haben. Wie schön…und was für eine gute Idee! Kleine Schönheitsfehler gibt es allerdings immer dort, wo Menschen in den Naturkreislauf eingreifen. Die Lupinen verbreiten sich so stark, dass die endemischen Pflanzen das Nachsehen haben… Wo 100 Grad heißes Wasser aus der Erde spuckt, gibt es keine Energieprobleme, wenn es gelingt, den ungeheuren Reichtum der Erde nutzbar zu machen. Die geothermische Energie wird nicht nur für die Stromproduktion genutzt, sondern auch für das Beheizen von Häusern und die Versorgung von Schwimmbädern. Hrefna Kristmannsdottir ist Geothermalpionierin (Anne Siegel, Wo die wilden Frauen wohnen, S. 87 – 119). Sie kehrt nach ihrem Studium in Norwegen 1971 nach Island zurück. Die weltweite Ölkrise ist überall Thema und aus der Angst, die Öllieferungen könnten willkürlich kontrolliert werden, sind erneuerbare Energien von höchstem Interesse. An dieser Stelle fällt wiederum der Name Vigdis‘, die von Hrefna für das Erkämpfen der Frauenrechte gelobt wird. Der in aller Welt berühmte Streik der Frauen Islands 1975 wurde „Frauenruhetag“ genannt und wird bis heute begangen. Obwohl Hrefna an diesem Streik nicht teilnehmen kann, weil ein wichtiges Drilling anliegt, ist sie dankbar (und wird von ihrem Mann gerügt, sie sei ja gar keine richtige Feministin), dass der Weg nun geebnet ist für sie als erste Geothermieingeneurin. Vulkane Leider hindert uns ein Sturmtief daran, die Westmännerinseln zu besuchen. (Später lungert es vor Schottland herum und hindert uns am Einlaufen in Stornoway und Scrabster) Nicht nur die Westmänner sind Zeugnis dafür, dass der isländische Vulkanismus hoch aktiv und gefährlich ist. Nur durch Zufall überleben die Bewohner von Heimaey (Hauptinsel) den Ausbruch von 1973. Kurz vor der Stadt bildet sich gerade mal eben ein neuer Vulkan, der Eldfell. Nur weil alle Boote im Hafen sind, können die Bewohner schnell evakuiert werden. Zwischen 1963 und 1967 entsteht südlich von Island eine ganz neue Insel (Surtsey) durch Unterwasser-Vulkantätigkeit. Sie ist eine Art Naturlabor, in dem Forscher die Entstehung eines Ökosystems beobachten können. 2010 kommt es dann zum Ausbruch des Eyafjallajökulls, dieses Vulkans, der Nachrichtensprecherinnen in aller Welt zur Verzweiflung gebracht hat. Nach der Finanzkrise 2008 ist gerade zögerlich isländischer Tourismus im Entstehen – und nun dies: ein schier unaussprechlicher Vulkan, der weltweit den Flugverkehr 8 Tage lang lahmlegt! Zur Überraschung der Isländer sind die Menschen aber nun erst recht an ihrer Insel interessiert. Es gibt sogar einen Wohnmobiltourismus dort und auch die üblichen Tourismusfolgen: Menschenansammlungen an den bei Instagram und Co gepriesenen Stellen. Ich finde aber trotzdem: Amtlich viel wunderschöne Landschaft, jede Menge Platz für Schafe und Islandpferde und ein paar Touris kann diese faszinierende Gegend doch wohl verkraften! Probieren Sie es aus: Ein langer Blick auf dieses Schwarz-Weiß-Grün-Blau, ein paar Atemzüge…das ist wie Meditation. Wunderbar, dass es so etwas gibt. Ein paarmal, zum Beispiel in einem ganz in Fischgeruch gehüllten kleinen Küstenort – das muss ich auch gestehen – habe ich gedacht: „Ganz schön der Arsch ab!“ (pardon, aber das gibt das Gefühl am besten wieder). Dazu erzählt der Reiseführer, im Winter sei es nicht mehr als 3 Stunden hell dort. Menschen mit depressiven Verstimmungen sind da wohl nicht so gut aufgehoben. Fortschritt Manche Isländer behaupten, ihre Insel sei 1945 durch die Amerikaner von grauer Urzeit in die Neuzeit katapultiert worden. Dazu sollte man Gunnar Gunnarsson lesen. Sein Roman Schwarze Vögel (neu übersetzt 2009) schildert das bäuerliche einsame Leben im beginnenden 19. Jahrhundert. Der Text gilt als „erster Krimi Islands“. Man kann ihn so lesen und/aber auch als großartige Schilderung der Lebensverhältnisse, Menschen, der Frage nach Schuld und Unschuld. Gunnarsson, der zunächst dänisch schrieb, ist nach seiner Rückkehr nach Island verstummt. Die Dänen und auch andere hatten ihm seine Aufenthalte in Deutschland während des Dritten Reiches übelgenommen. Er hat sich dazu nur wenig geäußert, schrieb 1945 allerdings „Ich blutete innerlich.“ Wir besichtigen sein Haus und ich finde: dieses Ehepaar sieht nicht eben glücklich aus. Vielleicht hat sie ihm auch übelgenommen, dass er – salopp gesprochen – immer etwas „am Start“ hatte – seine Geliebte und sein uneheliches Kind wohnten in der Nähe? Mythen Buchladen in Akureyri: Sehen Sie die unheimliche Katze da vorne (das ist ein Kinderbuch!)? Die Weihnachtskatze, auf Isländisch Jolakötturinn, ist eine furchteinflößende Gestalt und gehört zum isländischen Weihnachtsgedöns. Ganz schön unheimliche Stories gibt es da. Unser Knecht Ruprecht ist direkt ein Waisenknabe dagegen. Angeblich streift die Weihnachtskatze durch die verschneiten isländischen Landschaften und lauert insbesondere jenen Menschen auf, die zu Weihnachten keine neuen Kleider bekommen haben. Hä, wie? Diese Gruselgeschichte erzählt uns eine Reiseleiterin auf dem Rückweg von einem wunderschönen Wasserfall. Es tritt leichter Unwille auf. Die Trolle mit ihren menschlich-allzu menschlichen Doof-Eigenschaften finden wir ja noch ganz komisch, aber eine Katze, die Kinder frisst? Der Brauch, neue Kleidung zum Fest zu verschenken, gründet natürlich in Schafzucht und Wollverarbeitung. Jede und jeder musste helfen dabei und wer faul war, wurde eben von der Weihnachtkatze „gefressen“. Heute tritt die ganze Geschichte pädagogisch gemildert zu einer leichten Drohgebärde an diejenigen auf, die sich nicht an der Gemeinschaftsarbeit beteiligen. Unsere Reiseleiterin findet das etwas langweilig. Auha! Schottland – zum Schnuppern und vermutlich Wiederkommen Leider treibt sich nördlich von Schottland ein Sturmtief herum. Deswegen gibt es eine Routenänderung, die einige Gäste, die auf dem Hinweg zu den Färöer-Inseln beim Überqueren der kabbeligen Nordsee schon ziemlich grün im Gesicht waren, ganz dankbar aufnehmen. Allerdings fallen damit die Westmänner-Inseln, Stornoway und Scrabster „ins Wasser“ oder wie immer man das nennen mag. Wir laufen Rosyth an und haben nun mehr Zeit für Edinburgh, einen Besuch bei Nessie (Loch Ness) und Beauly, einem kleinen Ort westlich von Inverness. Schottland begrüßt uns mit einem entschlossen mittleren Grau. Und doch: Was in Minuten, manchmal in Sekunden an Lichtveränderung, Wolkenschieben, dräuenden Wettern im Wechsel mit strahlendem Sonnenschein geschieht, ist oft atemberaubend schön. Automatisch werden die Wolken ein wichtiges Motiv, das alles andere überstrahlt – obwohl da oftmals gar nichts strahlt, sondern eher droht. Nessie ist – wie schon erwartet – grad nicht zu Hause, dafür fegt ein kräftiger Wind über den See und das ablegende Touristenboot brettert so schnell, dass sie ja wohl grundständig verschreckt ihr Leben im tiefsten Untergrund fristet und niemals heraufkommen wird, solange die Touristen nach ihr Ausschau halten. Das kann ich verstehen – und dass sie eine Schottenmütze trägt, ist ja wohl nicht euer Ernst! In Beauly falle ich über einen Laden, der „hoppla, ein Gänseblümchen“ (oops, a daisy) heißt. Drinnen sind lauter „Blumen“ und gar keine einzige Daisy, nur künstliche Blumen, ebensolches Obst und ein ebenso doofer Igel. Die Schotten sind, wie mir mehrfach auffällt, recht sorglos mit solchen Kunstblumen… dabei blüht draußen überall leuchtend gelb der Stechginster…dabei muss ich immer an Ringelnatz denken („Ich habe dir nichts getan, nun ist mir traurig zumut, an den Hängen der Eisenbahn leuchtet der Ginster so gut“). So ein schönes Bild für Melancholie … und hier lauter Kunstblumen…   In Edinburgh begrüßt uns ein very scottish aussehender Reiseführer, der uns auch erstmal die schottische Aussprache des Stadtnamens (Edinburra) erklärt und die englische Aussprache mit vernichtendem Schweigen belegt. Er trägt einen Dortmund-Sticker an seinem Jackett und hat sich mit seinem Fan-Sein seinen deutschen Freunden angeschlossen. Er spricht gutes Deutsch, das er aber erst nach seiner Pensionierung gelernt hat. Hochachtung John! In Edinburgh begrüßt uns ein gelber Herr (Sie wissen schon: der immer erst kommt, wenn der Tag gelaufen ist) und bietet uns allerlei Abendgetränke an. Die Flasche für 2400 Pfund lassen wir ihm aber, denn es gibt berechtigte Zweifel an der Tatsache, dass ein so hoher Betrag herausgeschmeckt werden kann und Prestigeobjekte dürfen bei Jonny bleiben. Edinburgh ist eine grüne Stadt mit interessanter gegensätzlicher Struktur. Wir gehen die Princess-Street hinauf und und die Royal Mile herab. Am Ende muss ich die Brücken von Edinburgh so oft in der Abendsonne fotografieren, dass ich denke: Riecht mächtig nach wiederkommen! Zu guter Letzt: Das Traumschiff und wir Ja also, das war so: Erstmal haben wir gar nicht gemerkt, dass wir DAS Traumschiff gebucht hatten. Die boten halt Island von Bremerhaven aus an und nicht mit vielen Umwegen über Frankfurt/Heathrow/Dover oder weiß der Geier von wo. Dann bekamen wir ein Anschreiben von Phoenix, wir hätten DAS Traumschiff (aha, heißt Amadea) gebucht und dort fänden – logisch – die Dreharbeiten zur Island-Traumschiff-Sendung statt. Ist ja nicht schlimm. Also Bildungsauftrag: Traumschiff gucken.   Na ja, was soll ich sagen: kleine Fluchten mit viel Idylle und nicht unnötig verwirrendem Handlungsverlauf. Wenigstens weiß man vorher schon, wie es endet und muss sich nicht mit kafkaesken Wirrsalen herumschlagen…also was fürs Sofa, wenn man wirklich nicht mehr viel zu verpulen hat. Aber ein Aspekt kam für uns gleich beim ersten Abendessen hinzu: Lektion Traumschiff: Das Ehepaar aus der ehemaligen DDR, mit dem wir gleich am ersten Abend auf der wilden Nordsee das wirklich köstliche kleinteilige Abendessen vertilgten, teilte sehr ernsthaft mit, das Traumschiff sei ihre vormalige Reisemöglichkeit gewesen, der Traum, in die Welt hinaus fahren zu können. Jetzt seien sie schon einigermaßen froh, ab und zu diesen Traum in die Realität umsetzten zu können. Ehrlich: Ich hab so ein bisschen betroffen in mir nach dem arroganten Wessie herumgeprokelt und siehe da. – Da saß er in der Ecke und konnte sich lange nicht vorstellen (Traumschiff gibt’s seit 1981, ganz schön ignorant, es noch nie gesehen zu haben), dass es Sehnsucht nach einem solchen Format – Romantik, Reise, heile Welt – geben kann und dass das beileibe nicht unanständig ist. Lektion Traumschiff: Nach und nach tauchte die Filmcrew überall auf dem Schiff auf. Der Mann mit der Pudelmütze bei der Seenotrettungsübung (Silbereisen), der bärtige Mann mit dem Banjo, Villon singend (schon deswegen bei mir Stein im Brett, Wohlfahrt), die nette Frau mit der Baskenmütze (Wussow), die Frühstücksplauderer über Gott und die Weltlage, die sich am Ende für das schöne Gespräch bedanken. Alles ausnehmend nette Menschen ohne irgendwelche Allüren oder Träller. Sei fügten sich geradezu nahtlos in die familiäre Atmosphäre des Schiffs ein. Was für eine schöne Erfahrung! Herzenswunsch: Könnte diesen ungeheuer sympathischen Menschen vielleicht einer etwas pfiffigere Drehbücher schreiben? Dann wäre ich auch über die Island-Sendung hinaus dabei. Lektion Traumschiff: Das Traumschiff Amadea ist natürlich in picobello Zustand – klar, wird ja an jeder Ecke gefilmt und es wäre peinlich, wenn der Lack blätterte. Die Crew einschließlich der Filmcrew: ebenfalls picobello Zustand, freundliche familiäre Atmosphäre. Unbedingt etwas gelernt: Traumschiff ist auch für Menschen gut, die nicht uneingeschränkt glühende Fans der Serie sind.

Das Mausa Vauban in Neuf-Brisach

Das Mausa Vauban in Neuf-Brisach besuchen! Gleich draußen begrüßen uns die blauen Indianer von Cranio (Brasilien). Dass es um den Kontrast von lateinamerikanischer Tradition und Problemen der gegenwärtigen Gesellschaft geht, ahnt der schlaue Besucher gleich beim Anblick der Mac-Donald-Tüte. Und er/sie ahnt noch mehr: Wir sehen – auch gleich draußen – diesen Eierkopp (unten), der – kaum auf der Welt – sich schon die Augen zuhält. Mit so viel Witz ernste Dinge  dargestellt, das Versprechen auf Mehr wird in den kühlen Katakomben, die wir nun betreten, voll umfänglich erfüllt. Seit Banksy ist Street-Art populärer geworden, wird nicht mehr als „Straßenschmiererei“ abgetan. Der Kontrast zwischen der völlig dem Kapitalmarkt einverleibten „ernsthaften“ Kunst und urbaner Text- und Bildkunst ist unter anderem ja das Sich-Sperren gegen diese Vereinnahmung durch den Markt. Das Bild, das sich nach der Auktion selbst zerstört (Banksy), ist zum Sinnbild dafür geworden, dass dieser Widerstand zur erneuten Vereinnahmung führt. Das Exzeptionelle wird sofort zum neuen Kapital-Wert. Die Umgebung des MAUSA Vauban sperrt sich erst einmal gegen diese Vereinnahmung. Zwar sind die Festungsanlagen von Vauban Teil der Welterbestätte, die wichtige Festungsbauwerke des französischen Baumeisters Sébastien Le Prestre de Vauban (1633–1707) zusammenfasst, aber die Mauern der Wälle sind in herzlich schlechtem Zustand, so dass keine besonders vornehme museale Atmosphäre entstehen kann. Es ist ein bisschen duster, es ist ein bisschen kühl, es ist absolut faszinierend!! – Hinfahren, das Elsass entdecken! Oder: Aus Freiburg ist es auch nicht viel mehr als ein Katzensprung! Das MAUSA Vauban ist ein Museum für Urban Art und Street Art von fast 1200 qm, das 2018  in den UNESCO-Wällen (erbaut von Vauban zwischen 1698 und 1704) der historischen Festung von Neuf-Brisach eröffnet wurde. Es kommen immer wieder Künstler ins MAUSA, um vor den Augen der Besucher die Wände zu bemalen. Einer der Räume ist bei unserem Besuch abgesperrt und es riecht mächtig nach Farbe. Also ist ein neues Werk im Entstehen. Vor unseren Augen verschwindet dieser Junge von Seth in der Wand. Er hat wohl auch noch mehr Unheil angerichtet. Wir bewegen uns durch eine unterirdische Wunderwelt von Motiven, Texten, Ermahnungen, witzigen Alltagsbetrachtungen, gedankenvollen Kontrasten… Diese Ausstellung ändert Sehgewohnheiten. – Werden wir das Muster eines Pullovers, des U-Bahn-Sitzes jemals wieder nicht bemerken und würdigen können? Josef Fords Strickfreundin Nina Dodd hat angemerkt, dass die Herstellung des Hundepullovers (unten) besonders schwierig gewesen sei. Dieses rote Modell nötigt mir aber auch allerhöchste Hochachtung ab. Riecht arg nach ganz und gar kniffeligen Strickabenden… Ich muss gestehen, dass ich mich schon lange nicht mehr in einer Ausstellung so köstlich amüsiert – und gleichzeitig so viel Nachdenklichkeit mitgenommen habe. Bei vielen Darstellungen muss man ganz genau schauen: Was ist mit den Personen dort? Welche Ängste, Einsamkeiten, Verzweiflungen tragen sie herum? Was ist mit der rechten Hand des Indianers? Kommt wieder hervor aus der Wand? Macht (trotzdem?) ein Victory-Zeichen? Wer schläft dort auf dem Einhorn? Welche Vorstellungen versperren uns den Zugang zu unseren Gefühlen, wie (oberflächlich?) bunt ist unser Alltag? Was hilft uns, fröhlich zu bleiben trotz der Schrecken der Realität? Welchen Halsschmuck tragen die Hühner? Wir sehen den Arbeitsplatz eines Street-Art-Künstlers… …und noch viele blaue Indianer, die es mir besonders angetan haben, vielleicht weil sie so eine extra köstlich ironische Mischung aus etwas Albernheit, Verspieltheit und moralischem Zeigefinger sind?   Und am Ende? Wir gehen durch Neuf-Brisach und sehen den Ort mit anderen Augen. Sozusagen eine „Guck-Kur“ der besonderen Art: Und das Ganze im schönen Elsass!          

Japan – und andere kleine Erkenntnisse

Japan zu Wasser und zu Lande – Nicht direkt ein Reisebericht, sondern eher: Japan und andere kleine Erkenntnisse! Reiseroute zu Wasser: Tokyo, Aomori, Akita, Niigata, Kanazawa, Sakaiminato, Busan (Südkorea), Kitakyūshū, Hiroshima, Kobe, Shimizu, Tokyo; Weiterreise: Tokyo, Kobe, Kochi, Keelung – Taipeh (Taiwan), Hong Kong, Hue – Da Nang (Vietnam), Ho Chi Minh City – früher Saigon (Vietnam), Singapore Vermerkt mit Datum sind jeweils die Anlandungshäfen, was mit den Besichtigungsorten nicht immer übereinstimmt (Bus ab Hafen). Ein Land, das angeblich aus mehr als 14 000 Inseln (mit 5 großen Hauptinseln) besteht, vom Meer aus zu erkunden, ist doch eigentlich eine ganz gute Idee. Wir fahren mit der Azamara Journey; los geht’s in Tokyo und erst einmal noch Norden auf der Hauptinsel Honshu nach Aomori. April Aomori Wir besuchen die älteste Pagode Japans in Hirosaki (Saishoin Temple) und wundern uns über viele steinerne Hasen mit roten „Lätzchen“. Beim Cosho-ji Temple gibt es ein Kriegerdenkmal, von dem aus der Iwaki mit weißer Mütze grüßt. Überall liegen noch Reste von Schnee, hier im Norden gibt es viele Wintersportgebiete. Eine Dame im Service erzählt mir „last cruise“, also Ende März – jetzt ist der 5. April- habe es „buckets of snow“ (Schnee eimerweise) gegeben und auch tagelang noch weitergeschneit. Wir haben schon ein bisschen Sonne und die allerersten rosa Kirschblüten in Aomori. Man sieht den Iwaki (auch Tsugaru Fuji), einen imposanten Stratovulkan (1624,7 m) am Rande der Tsugaru-Ebene sehr gut. Am Ende der Tour soll es eine Besichtigung einer Sake-Brauerei (Narumi Sake Brewery since 1806) mit Verkostung geben. Die gibt’s aber nicht, stattdessen unsere erste Lektion in japanischer Mentalität. Ein gravitätisch wirkender Einundsiebzigjähriger, der unser Reiseführer ist, ist von der Tatsache, dass es dort wohl eine Verständigungspanne gegeben hat, so betroffen, dass wir eher geneigt sind, ihn zu trösten als uns zu ärgern. Dieser „Herr“ (ich kann ihn nur so nennen) hat sich wohl breitschlagen lassen, Reiseführung zu machen, weil es nach Corona in Japan offenbar einen echten Mangel gibt. Er wirkt sehr honorig und glaubt Englisch zu sprechen, kann es aber nicht wirklich. Ständig werde ich durch den Rest der Gruppe – Amerikaner und Australier- gefragt, ob ich ihn etwa verstehen könne – auch nicht, denn einen deutschen Akzent hat er nun wahrlich nicht. Dafür aber eine Eigenart zu sprechen, die mir mordsmäßig Spaß macht. Jeweils am Ende des Satzes macht er eine Kunstpause und wiederholt dann das letzte Wort, manchmal die letzte Wortgruppe. Das erinnert irritierend genau an die Sprechweise des Schulrats in der „Feuerzangbowle“. Sie erinnern sich: Diese Pseudo-Lausbubengeschichte, Vorlage von Heinrich Spoerl, Film 1944 mit Heinz Rühmann. Da gibt es so einen ganz und gar knöchernen Oberschulrat (Max Grülsdorff, der Arme musste damals immer die Spießer spielen), der in die lustige Rühmann-Prof.-Cry-Schulstunde zwecks Überprüfung gerät. Er rät den beiden Lehrern sich zu verständigen, wer nun der richtige sei und wiederholt immer das letzte Wort im Satz. „Weitermachen äh weitermachen“. Genauso spricht dieser Reiseleiter, was mir viel Freude bereitet. Die Panne mit der Nicht-Besichtigung macht er später auch nicht zum Thema, sondern schweigt sie weg. Ich denke an meinen allerersten (zu meiner Überraschung lauwarmen) Sake etwa 1976 im Daitokai in Berlin und bin nicht weiter enttäuscht, einige Amerikaner schon. Später (im 2. Teil der Reise) gelingt uns die Besichtigung einer Sake-Brauerei mit kundiger Erklärung. Zum Öffnen anklicken: Auf dem Schiff wartet eine weitere tiefgreifende Überraschung: Auf Deck 10 wurde der Famous Grouse ausgetrunken (unser Abendritual ist „ein FG with nix!“). Wir werden aber mit J and B rare ausreichend getröstet. Also alles gut – nein, das will ich nicht mehr sagen – wir sind zufrieden. April Akita Die Sonne scheint in Akita, ein wunderschöner Park mit vor einer Eisbude Schlange stehenden Japanern lässt uns lächeln, allerdings auch herumschnupfen. Es sind so viele Pinienpollen unterwegs, dass alles grün bepudert wirkt. Die Kois und Karpfen im Wasser um den Park herum verhalten sich wie die Enten am Lingener Kanal. Sie werden offenbar von vielen gefüttert und springen fast aus dem Wasser, wenn man am Rand stehenbleibt. Zum Öffnen anklicken: April Niigata In Niigata, einer der größten Hafenstädte an der Küste zum japanischen Meer, erwartet uns ein besonders netter Service. Viele Freiwillige geleiten uns nach Wunsch einzeln durch die Stadt und ein junger Japaner erzählt im Shuttle-Bus von Sushi und Sake. Am Ende gibt es im Hafen eine Sake-Verkostung. Ich beginne zu ahnen, dass es tatsächlich große Unterschiede bezüglich dieses Getränkes gibt. Fast in jedem japanischen Hafen werden wir beim Auslaufen mit irgendwelchen Freundlichkeiten zum Abschied bedacht: herumhüpfende Teenager, würdevolle Geishas, Feuerwerk, ganze Stadtratsversammlungen…alles sehr, sehr nett und freundlich. Ein freiwilliger Helfer bringt uns zum Hakusan-Park und dem Hakusan-jinja Shrine (gewidmet dem Gott der Heirat). Dort werfen die Gläubigen (viele junge Menschen) etwas Geld (eine Münze) in einen Kasten, dann ziehen sie an einer Schnur, etwas bommelt blechern und sie klatschen zweimal in die Hände. Super! Wunsch wird erfüllt! Überall hängen Glückstäfelchen und Glückszettel. In dem Park herrscht eine schöne entspannt-sonnige Sonntagsatmosphäre. Die Kirschblüten sind kurz vorm Aufbrechen. Wenn man unter den Toren hindurchgeht, verbeugt man sich vorher und nachher. Machen wir auch, finden das Ritual aber ein bisschen lästig. Zurück geht es durch eine Fußgängerzone, in der aus jedem Haus europäische klassische Musik (Barock, Klassik, Romantik und Impressionismus) ertönt. Das finde ich schön, aber auch ein bisschen verwunderlich. Ich behaupte: Würde man bei uns in der Fußgängerzone traditionelle japanische Musik spielen, würde das Einkaufsvolumen durch Flucht massiv sinken! Die traditionelle japanische Musik stammt aus buddhistischen Gesängen, aus einem durchdringenden Klang von Trommeln, aus obertonreichen Bläsern, die dem Ohr des Europäers nicht eben schmeicheln. Sie ist auch bei den Japanern wenig populär und wird hauptsächlich für traditionelle Riten genutzt. Bis 1853 hat Japan geschlossene Grenzen, wird dann aber Kolonialmacht (Korea) und sucht sich wie die westlichen Kolonialmächte zu gebärden. Im Zuge der Verwestlichung Japans im 19. Jahrhundert wurde die europäische Kultur geradezu „verordnet“. Bach, Brahms, Beethoven sind seit mehr als 150 Jahren in Japan sehr populär. Beethovens Neunte ist geradezu die heimliche Nationalhymne Japans und darf auf keiner Silvestergala fehlen. Da die traditionelle Musik auch Klänge der Natur und die Vereinzelung von Tönen in Japan bekannt gemacht hat, kommt später die Vorliebe vieler japanischer Komponisten und Interpreten zu impressionistischer Musik hinzu. Debussy, Messiaen, John Cage werden viel gespielt. Das – und die ungeheure Disziplin der Japaner – erklären das Repertoire vieler japanischer Virtuosen, die durch Europa touren. Zurück zur Fußgängerzone in Niigata: Dieser unglaublich hilfreiche, höfliche und zurückhaltende Freiwillige, der uns herumführte, sprach erstens gutes verständliches Englisch und gab am Schluss sogar noch ein paar Brocken Deutsch von sich, freute sich schließlich wie Bolle, dass wir ihn sogar verstanden haben. Zum Öffnen anklicken: Auf dem Schiff hatten wir ein langes wunderbares Gespräch mit einem australischen Ehepaar (beide über 80), die zuletzt 4 Monate im Camper durch Australien getourt sind. Ganz schön taff! Und ungeheuer interessiert an Europa. Sie war einmal in Oberammergau. (Es dauert allerdings mindestens 3 Minuten, bis wir dieses Wort so weit auseinanderklamüsert hatten, dass es von Mrgrwazuwau zu Oberammergau wurde). April Kanazawa Wir sind mit konstant 14 Knoten unterwegs, der Terminal liegt in Muryojimachi (ja klar!). Von hier geht’s zu einem der angeblich drei schönsten Gärten Japans, dem Kenroku-en. Dort wartet wieder eine Überraschung auf uns. Zuerst aber geht’s zur Burg Kanazawa – oder dem, was von ihr übrig ist. Aber gut rekonstruiert und die Uni Kanazawa residiert hier. Zudem hat Kanazawa ein gut erhaltenes Samurai-Viertel, wo bis heute Samurai-Villen zu sehen sind. Alles schön und gut, aber dann kommt der Hammer: Im Kenroku-en stehen die Kirschbäume in voller Blüte! Eine Wolke in zartrosa und weiß. 8. April: was für ein Glück! Der Park muss auch im Herbst sehr schön sein – ach Quatsch, der ist immer sehr schön. Wir sind hin und weg. Die Japaner sind da sehr streng mit dem, was ein Garten so hergeben muss, wenn er berühmt werden will. Es gibt 6 Kriterien, nach denen der Kenroku-en (heißt: kombiniere 6), der Kairaku-en und der Koraku-en als vollkommen eingestuft werden. Das geht zurück auf die chinesische Sung-Dynastie. Da musste ein perfekter Garten folgende Kriterien erfüllen: Abgeschiedenheit, Weitläufigkeit, künstlerische Gestaltung, Bezug zur antiken Tradition, Wasserreichtum und weite Sicht. Die Kriterien sind mir egal, aber der Park ist atemberaubend schön. Breite Sichtachsen, weite Aussichten, gebändigtes Wasser, kleinteilige Aussichten, formell korrespondierende Pflanzen, farblich abgestimmte Pflanzungen…und was die Japaner mit ihren Bäumen machen, kann man für verrückt halten oder sensationell. An denen wird herumerzogen, gebunden, herabgezogen mit Seilen, blättchenweise geschnippelt… ist schon verrückt – und irgendwie auch großartig. Zum Öffnen anklicken: Es sind natürlich viele Japaner und Touris unterwegs, denn diese Kirschblütenshow dauert ja nur wenige Tage. Aber: was uns immer wieder auffällt, es gibt kein hektisches Geschiebe, sondern freundliches Aufeinander-Achten und so regelt sich alles irgendwie entspannt und freundlich wie von selbst. Das ist eine Mentalität, von der wir europäischen Ego-Trampler uns mal eine dicke Scheibe abschneiden sollten. Wir treffen eine Gruppe junger Männer, die uns um ein Foto bitten (natürlich mit den Bäumen im Hintergrund). Nach einem begeisterten Gespräch stellen wir erstaunt fest, dass wir es auch auf deutsch hätten führen könnten. Drei junge Männer aus Deutschland auf der Spur der Kirschblüte! Das ist doch auch einmal was!   April Sakaiminato (liegt auf der Halbinsel Yurihama, Landzunge, die das Japanische Meer und den See Nakumi voneinander trennt)Am nächsten Tag die Fahrt zum Tottori Flower Park. Der hat 123 Acre und mehr als 1000 Orchideen. Wunderschön! Leider regnet es, aber die überdachten Bereiche (Flower Dome, ich denke an Singapur) sind groß genug. Ganz zum Schluss wird es etwas trockener und wir wandern durch Tausende Frühblüher, sehr viele Tulpen (holländische?-  der Verdacht liegt nahe, denn es gibt auch eine hölzerne Windmühle) – und außen auch wieder blühende Kirschbäume! Die eigentliche Sensation dieser Tour aber ist die Reiseleiterin. Sie glaubt offenbar, uns unterhalten zu müssen im Bus, weil wir sonst vor Langeweile direkt wegsterben werden. Viele Reiseleiter glauben das, vielleicht hat ihnen jemand erzählt, dass Amerikaner immer beschäftigt werden müssen, weil sie sonst unleidig werden oder sonstwas. Sesamstraße für Erwachsene halt. Da wir in der absoluten Minderheit sind (12 Deutsche auf 643 Amerikaner/Engländer/Australier) verfolgen wir das Schauspiel jeweils amüsiert, erfreut und zugegebenermaßen etwas distanziert. Diese Frau ist ihr eigenes Kasperltheater. Ehemalige Highschoollehrerin für Englisch…ich sage mal (auch wenn ich mich damit selber treffe): einmal Lehrerin, immer Lehrerin! Sie erzählt die Geschichte von den Labbits und sharks. Shark ist Hai, aber Labbits?, hab‘ ich da wieder beim Englischlernen nicht aufgepasst? Ziemlich kurioser Plot: Haie, die eine Brücke bilden, aus Blödheit, um sich zählen zu lassen. Ursprungsfrage: Wer hat mehr Freunde? Der Haupt-Hai oder das Labbit? Da zeigt sie ein Poster: Rabbit! Karnickel! Die hoppeln über die Haie, angeblich um sie zu zählen, aber in Wirklichkeit wollen sie nur auf die andere Seite des Meeres gelangen. Das Karnickel ist blöd genug, das zu erzählen und der Haupt-Hai zieht ihm vor Wut das Fell über die Ohren. Daraufhin sucht es göttlichen Rat (das mit dem Fell soll ja schließlich nicht so schön sein!). Der erste Gott ist ein Flop, der zweite aber (zuständig für Heilung und Güte) gibt den richtigen Rat. Und: So kommt es zur Gründung Japans! Absolut logisch und folgerichtig, oder? Die Illustrationen, die sie zeigt, sind Japan-style, hübsch und glatt. Diese Frau hat Talent zur Alleinunterhalterin. Später beschäftigt sie uns noch mit Singen und Händeklatschen. Sie war soo süß, aber wir mochten nicht mehr so richtig…. Eine Geschichte hat uns in allen Häfen beschäftigt: Das Phänomen der Jedi-Ritter. Wir haben sie so getauft, weil sie überall auftauchten und mit ihrem Glühschwert in Rot bedeutungsvoll herumzeigten und Situationen meisterten, bei denen es beim besten Willen nix zu meistern gab. Beipiel: EinBus fährt auf einer einzigen möglichen Spur zum Schiff zurück. Garantiert steht an der Ecke ein Jedi-Ritter und wedelt mächtig mit dem Glühschwert, damit der Bus das Schiff nicht verfehlt, ins Meer fährt…? Regelungswut? Beschäftigung von Arbeitslosen? Wir wissen es nicht, aber fanden es immer wieder ziemlich lustig.. Zum Öffnen anklicken: April Busan, Südkorea Zwischendrin ein Abstecher nach Busan zum Haedong Yonggung Tempel (14. Jht. – Buddhistischer Tempel 108 Stufen über dem Meer). Zum Öffnen anklicken Irgendwie sind die Buddhisten so schön genau mit dem Wünschen. Es gibt klare Zuständigkeiten. So etwas wäre doch bei uns auch sehr gut: Später zum APEC-Gebäude (Nurimaru APEC House). Liegt auch sehr schön über dem Meer, ist aber nicht ganz so schön wie der Tempel… Als auf dem Weg zum Tempel unsere Reiseleiterin von einer roller-coaster-bridge spricht, traue ich meinem Englisch mal wieder nicht so ganz über den Weg (Achterbahn-Brücke?), als wir darauf sind, glaube ich meinem Englisch (Galerie)! Besonders beim Tempel wird wieder gepost, was das Zeug hält. Ich kann mir den Eindruck nicht verkneifen, dass der große goldene Happy Buddha dazu ironische Kommentare abgibt.. Zum Öffnen anklicken: Die einzigen, die unter Buddhas Lachen Ernst blieben, waren zwei Europäer. Reisestress?? Der Strand von Busan wird jedes Jahr neu aufgeschüttet. Irgendwo in einem Reiseführer stand, es sei einer der schönsten Strände Asiens…Norderney finde ich schöner…na ja, ist nicht so direkt Asien, oder? Aber Bebauung wird langsam ähnlicher… April Kitakyushu (Nordspitze Insel Kyushu) Kitakyushu liegt auf der Südinsel und ist die nächstliegende Hafenstadt zu Honshu, der nördlichen Hauptinsel. Sie ist traditionell die Brücke zwischen den beiden Hauptinseln. Da die Stadt auch in der Nähe zu China liegt, gibt es eine lange Geschichte als Kohleexportdrehscheibe zwischen den beiden Inseln und China. Das zeigt sich in vielen Gebäuden des 19. Jahrhunderts im Hafen. So gibt es auch einen alten Bahnhof (Mojiko Station, eröffnet 1.4.1891). Auf der Suche nach japanischer (!) Schokolade fallen wir über ziemlich viele merkwürdige Produkte. Bekannte Schokis, böse Kekse … Zwei Japanerinnen, die uns die Gebäude (und natürlich die danebenstehenden blühenden Kirschbäume) bewundern sehen, fragen uns mit Gesten, woher wir kommen und finden Germany offenbar ganz toll. Sie weisen auf einige Gebäude hin und rufen dann Sakura! Sakura! Ja klar, haben wir schon gesehen! Unter vielen Verbeugungen gehen sie weiter, tuscheln und kichern dann, kommen zurück und schenken uns jeweils mit einer schönen Verbeugung ein Bonbon. Welch schöne Geste! ZumÖffnen anklicken: In der Nähe des Hafens wieder das Jedi-Ritter-Phänomen: 1 Baustelle, 2 Arbeiter, 2  Jedi-Ritter, die das Ganze bewachen und regeln. April Hiroshima Atomic Bomb Dome. Unsere Führerin spricht – selbst sichtlich betroffen – vom 6. August 1945. Ihre Mutter hat als einzige der Familie in Japan überlebt – ihr Vater war zu der Zeit in einem Straflager in Sibirien (ja auch nicht gerade toll!). Betroffen schauen wir auf den Fluss, der August 45 von Leichen überquellend gefüllt war. Viele Memorials in dem anschließenden Park haben Springbrunnen, um die brennende Haut der Erinnerten zu kühlen. Ich denke kurz an die Ruine der Gedächtniskirche am Kudamm in Berlin, das hier muss noch ungleich schlimmer gewesen sein. Aber: Kann man Schlimm messen? Das Friedensdenkmal Atomic Bomb Dome besteht aus den Überresten der damaligen Industrie- und Handelskammer, von der wunderlicher Weise (drumherum war alles dem Erdboden gleich gemacht worden) diese Ruine stehengeblieben ist. Sie wurde lediglich durch Streben etwas stabilisiert und zeigt bis heute den Zustand direkt nach dem Atombombenabwurf. Um den Dome herum viele betroffene Menschen, einige weinen. Andere machen ihre tourismusüblichen Selfies. Eine junge Frau lässt sich tatsächlich – den Dome im Hintergrund – mit dem per Hand gezeigten Victory-Zeichen ablichten. Ein unangenehmes Beispiel dafür, wie alles – auch das Grauen – zum Tourismusspektakel verkommen kann. Am Abend diskutieren einige Amerikaner darüber, ob Hiroshima und Nagasaki zu rechtfertigen waren und sind. Einer argumentiert mit Pearl Harbour und der Starrköpfigkeit der Japaner. Wir sind nicht einer Meinung… Auch hier und wie zum Trotz: Die Kirschen blühen wunderschön. In der Nähe das (rekonstruierte) Hiroshima-Castle, dessen schöne Fassade und Lage ein bisschen tröstend wirken. Zum Öffnen anklicken: White Night Bei Azamara gibt es während jeder Reise eine White Night, bei der die Gäste gebeten sind, weiß zu tragen. (Hab ich nicht, aber der Gatte immerhin ein weißes Oberhemd) und es gibt eine ordentliche Party auf dem Pooldeck. Die Buffets sind so, dass man vom Hinsehen schon zunimmt und die Köche haben geradezu künstlersiche Anfälle. Zwischendrin gab es noch einen lustigen Unfall, der mit dem Tod einer Fliege durchaus erfolgreich zu enden schien. Dann aber fängt der Tisch mit dem Rotwein drauf an von dem durchaus kollossalen Schlag nachzuvibieren und der Wein springt aus den Gläsern. Die Folgen für die weiße Tischdecke und die weiße Bekleidung brauche ich nicht zu schildern…ist aber alles von der Schiffswäscherei einwandfrei besiegt worden. Und wir haben fruchtbar gelacht… April Takamatsu Takamatsu ist ein einigermaßen betriebssamer Hafen (Präfektur Kagawa) an der Seto-Inlandsee auf der Insel Shikoku. Wir bummeln herum, kaufen im Supermarkt unendlich weiche und dünne japanische Papiertaschentüchelchen, Kaugummichen mit kleinen Einwickelpapierchen (alles zierlich!), amüsieren uns über das Frischkäseangebot und beobachten im Hafen, wie die Japaner noch bessere Schlangen vor der Fähre zu den nächsten Inseln bilden als die Engländer. Zum Öffnen anklicken: 14./15. April Kobe Wir haben eine sehr gute professionelle Reiseführerin. Da die englische Lautung den japanischen Sprechwerkzeugen nicht eben entgegenkommt, haben sie sich verschiedene köstliche kleine Sprachticks angewöhnt. Ich stelle mir vor, dass man einen Moment Vorbereitung braucht, um etwas derartig Exotisches wie ein R zu produzieren. Die letzte Reiseführerin sagte jeweils ein kurzes dada in eine kleine Sprechpause, sprach im übrigen gut verständliches Englisch. Diese hier bastelte in die Sprechpausen ein achk mit einem Rachenlaut, den ich im Leben nicht zustande brächte. (Ich kriege ja bis heute nicht mal ein ordentliches bayrisches Rollen-R hin). Bei den Tempeln wird geheiratet, gesegnet und geglückt wie verrückt. An uns kommt eine sehr schöne traditionelle Hochzeit vorbei – auch mit traditioneller Musik. Die ist für europäische Ohren nicht wirklich geeignet. Hörte sich für mich schon sehr gequält an. Umso erstaunlicher die Liebe der Japaner zu europäischer Musik… Im gesamten Park um das Osaka Castle wird gepost, gepostet und geselfied, was das Zeug hält. Zum Öffnen anklicken: Im Park am Castle von Osaka fragt uns eine junge Japanerin – sechs kecke Mäuse im Grundschulalter im Schlepptau – ob wir uns von den Kindern interviewen lassen würden. Sie treten einzeln vor und stellen wohleinstudierte Fragen nach Reisegrund, Interesse (bei Mangas mussten wir mächtig passen!) und warum wir überhaupt nach Japan gekommen seien. Da die wahre Antwort zu komplex wäre (und mit dem Tod einer Freundin und der Widmung „a little taste of he beauty of Japan“ von Chuck Cuic zu tun hätte) reden wir uns auf cherry blossom heraus. Das finden sie sehr einleuchtend. Das (einzige) Mädchen in der Gruppe braucht etwas Einhilfe von ihrer Lehrerin, spricht dann aber zwei verständliche Fragen. FottoFotto gehört dann natürlich noch dazu. Ich hätte gerne noch gefragt, ob in Japan hauptsächlich Jungen Englisch lernen, da fällt mir ein, dass viele unserer Reiseführer Reisführerinnen mit guten Kenntnissen und köstlichen kleinen Ticks und Geschichten sind. Zum Öffnen anklicken:   Wir besuchen den Kotokuin Temple mit dem zweitgrößten Buddha Japans (36 feet) und den Tsurugaoka Hachimangu Shrine von 1192. Mindestens so interessant wie die Kulturdenkmale ist mal wieder unser Reiseführer. Er ist so laut, dass wir ihn im Bus bitten, das Mikro etwas herunterzudrehen. Bei dem aus vielen kleinen Steinen zusammengefügten großen Stein singt er mit überaus kräftiger Stimme die japanische Nationalhymne. Der Text geht auf ein Kurzgedicht aus der Anthologie Kokin-Wakashu zurück. Es heißt: Kimi ga yo wa chiyo ni yachiyo ni sazare ishi no iwao to nari te koke no musu made Alles klar? Na …also gut- grob übersetzt etwa: Eure Herrschaft währe/tausend Generationen/bis ein Steinchen/zum Felsen wird/auf dem Moos sprießt! Daher der Ort des Gesanges. Das ist doch ein schöner Gedanke! In der Komachi-dori-street kaufe ich mir einen dunkelblauen Fächer mit der Aufschrift momo und – hier streikt meine Tastatur- auch japanisch momo (besteht aus zwei sehr hübschen Zeichen). Ein japanischer Pianist des Duos Four Te beim Weltklassik am Klavier-Abend (findet jeweils am letzten Sonntag im Monat um 17 Uhr in der Musikschule Lingen statt) hatte mir verraten, dass momo japanisch Pfirsich heißt. Gefällt mir… Die Japaner sind mit ihren Hündchen (und anderem Getier) ziemlich tüddelig, die tragen (also die Hündchen) Mäntelchen, Schuhchen, Frisürchen…und werden zum Teil in Kinderwagen gefahren. Das lustigste, was ich auch in der Komachi-dori-street sah, war eine Reklame für (Hunde-) Jeans für Jungs und Mädchen! 16. April Shimizu In Shimizu ist zur Begrüßung mächtig Action: Es werden die roten Teppiche und Podeste geschoben und gerollt. Es sieht so aus, als träte der halbe Stadtrat und eine Pressetruppe wie beim Staatsbesuch zur Beegrüßung an. Es gibt eine ordentliche Begrüßungsrede (für die mein Japanisch grad wieder nicht reicht) und eine Rede unseres Kapitäns (vom Winde verweht). Ganz schön viel Ehre … Und auch der Fuji zeigt sich vom Hafen aus gnädig unverhüllt. Später kommen wir ihm mehrfach nahe, aber er macht, was er wohl oft so macht: setzt eine mächtige Wolkenmütze auf! 17./18. April Tokyo Wir sind umgezogen in eine sehr schöne Schiffsbehausung mit Butler. Der heißt Alfie, ist ca. 159 cm groß und Philippino. Der Frack sieht an ihm wie eine ironische Verkleidung aus. Er ist unglaublich freundlich, hilfreich, ohne im Mindesten unterwürfig zu wirken. Auf die Frage nach Whisky (wir dachten mehr so an ein Gläschen) finden wir nach der Abendmahlzeit einen Liter! Chivas Regal in unserer Behausung. Na denn… Wenn eine Reise bei Azamara dort aufhört, wo sie angefangen hat (hier Tokyo), kann man back-to-back buchen. Ich habe mich in Tokyo, wo wir einige Zeit entspannt im Hafen lagen – entschlossen wieder Tokyo und nicht Tokio zu schreiben. Am Cruise-Terminal stand in Riesenlettern TOKYO, überall in der Stadt auch. Ehrlich mal: Wenn überall in Berlin BÄRLIN stände, würde ich das auch so machen (wäre ja eigentlich auch viel hübscher;-). Die Inhaber eines Namens müssen ja schließlich wissen, wie der geschrieben wird! Also, das nennt man booking back-to-back. Es eröffnet ganz neue Perspektiven der Beobachtung. Wenn so ein paar Hundert Leute von Bord gehen und nur 143 bleiben (eben die, die back-to-back gebucht haben), das ist einfach interessant. Das hektische Herunterschlingen des letzten Omeletts „with all“ (darüber muss ich mich sowieso immer amüsieren: was man in so einem Omelett wohl alles so findet? Der Berliner würde sagen „mit allet“). Die Verabschiedung der Gäste voneinander fällt dann so aus, als hätte man eine dreimonatige Polarbezwingung gemeinsam gemeistert. Die Sorge einer englischen Dame, die mit ihrem etwas desorientiert wirkenden Gatten noch drei Tage Tokyo gebucht hat: „I‘m shure, we get lost!“ (ich bin sicher, dass wir verloren gehen werden). Dabei wirkt sie so unglücklich wie überzeugt. Ihre Sorge bezüglich dieses Molochs von Großstadt kann ich teilen, besonders wenn ich das töffelige Lächeln ihres Mannes genauer betrachte. Der ganze Menschensturm rauscht heraus, es tritt eine merkwürdige Stille wie ein Vakuum auf. Dann rauschen die Teppichmaschinen und wir blicken besorgt unter uns, was das Croissant wohl angerichtet haben mag. Mannschaftsteile werden durchgewechselt, begrüßen sich freundschaftlich. Wir bestellen bei einer Dame, die nicht zuständig und neu ist, probehalber noch einen Americano. Sie macht sich ans Werk. Der neue Coffeebar-Inhaber taucht auf und lacht, sie wisse ja gar nicht, was das sei. Beide lachen. Der kroatische Kapitän wird durch einen italienischen ersetzt, der gerne ein Schwätzchen hält und deswegen nur meterweise zur Brücke vordringt. Am nächsten Tag wird uns klar, dass er wirklich gerne erzählt. Seine tägliche Kapitänsansage („this is your captain from the bridge!”) ist gut 10mal so lang wie die seines Kollegen. Dass ich nur etwa die Hälfte verstehe, liegt vielleicht an meinem unzulänglichen italienischen Englisch. Gegen 9 kommt eine sehr strenge Durchsage, die klarmacht, dass nun auch die letzten Schnarchhähne von Bord müssen, damit die Crew ihren Job machen kann. Dann so ab Mittag rauscht die neue Gastwelle herein. Beim Mittagessen prämieren wir schonmal die wahnsinnigste Brille und die lauteste Quakstimme. So ein schöner Clou, wie der Mann mit den knallroten Lackschuhen und Ringelstrümpfen ist leider nicht dabei. Dabei müssen wir uns gegenseitig ermahnen, nicht zu laut zu lästern, denn wir haben noch nicht heraus, ob bei den neuen Gästen Deutsche dabei sind. Amerikaner, Briten und Australier können wir an der unterschiedlichen Lautstärke und der Besteckbenutzung unterscheiden. Auf die Sache mit dem Besteck sind wir gekommen, weil ein Australier uns beim Abendessen erklärt hatte, wir seien leicht als Europäer erkennbar, weil wir während der gesamten Mahlzeit das Messer in der Hand behielten. Alle sind ausgesprochen freundlich und familiär mit dem „bunt gescheckten“ Personal. Gäbe es irgendwo in der Welt auch grüne Menschen, die wären hier bestimmt auch mit in der Crew. Noch zum 19. April an Bord Neben uns im Prime C (Steakrestaurant) sitzen zwei Menschen aus Georgia, die sich sehr freundlich mit Vornamen (american way!) vorstellen, die alles mit Freude und Dankbarkeit aufnehmen. Bevor sie anfangen zu essen, sprechen sie gemeinsam leise ein Gebet. Sie bemerken meinen erstaunten Blick und erklären, sie seien („so gratefull“) so dankbar, dass sie hier sein könnten. Und dann: Der Kongress werde bei seiner Abstimmung die Gelder für die Ukraine freigeben. An diesem Abend war ich skeptisch, ob Mary und Greg mit ihrer Einschätzung Recht hatten. Einen Tag später wissen wir, dass es so war. Und dann erzählen sie noch, dass sie zu Hause Bratwurscht und Oktoberfescht haben („I love it!“) und einen Großvater namens Schroeder in Koblenz hatten. Na, kleine Welt! April Kobe Wir liegen in einem der größten Seehäfen Japans. An der Bucht von Osaka breitet sich ein riesiger Ballungsraum aus: Kobe – Osaka – Kyoto. Leider treffen auch 3 Kontinentalplatten dort aufeinander, was mancherlei Erdbeben hervorruft. Das letzte am 17.1. 1995 mit immerhin 7,2 auf der Richterskala. Keine Kleinigkeit, zumal so viele Menschen hier auf einem Fleck leben. Wir gehen im Hafen herum, es wird an das große Erdbeben und an die Napalmbomben der Amerikaner 1945 erinnert. Der Hafen wirkt, wie alle japanischen Häfen und Städte, absolut clean. Ich fotografiere die einzige Zigarettenkippe, die wir auf der ganzen Reise gesehen haben. Ein Mitreisender, der das sieht, äußert die Vermutung, das könne nur einer vom Schiff gewesen sein. Wir grinsen und halten das erstmal für wahrscheinlich! April Kochi Endlich kommen wir zu unserer Sake-Brauerei Besichtigung (Takagi sakes). Das Geheimnis, wie leckerer Sake entsteht (den auch wir lecker finden) liegt wohl im Schälgrad des Reises (bis zu 70 %) und einer genauen Überwachung der 2 Fermentationsprozesse. Sake passt nicht gut in den Koffer (oder ist dann überall), aber der, der den französischen Preis bekommen hat, wird uns in Europa sicherlich mal begegnen. Richtig lecker – und neuerdings auch kalt getrunken. Für den kaufen wir drei kleine Sake-Schälchen, die ich tatsächlich mit Apple-Pay per Handy bezahlen kann. Kosten 900! Auf der Kreditkartenabrechnung sehe ich: das waren 5,62 €. Milde! Der Hirome-Ichiba-Market in Kochi ist absolut faszinierend. Das Essen wird an Ständen gekauft (ganz viele nehmen gerösteten Bonito, in einer Art Schiffchen angerichtet) und mit an lange Tische genommen. Sieht aus wie ein riesiges Gemeinschaftsessen und damit Gemeinschaftserlebnis. Und wieder: die Japaner soo freundlich! Ich betrachte eines dieser Essens-Schiffchen genauer, werde gestisch sofort zum Fotografieren aufgefordert (und hätte auch davon essen können, aber so weit wollte ich nicht gehen). Was für eine schöne Atmosphäre! Auf dem umgebenden Sonntagsmarkt bieten die Bauern Obst, Gemüse und Pflanzen an. Vieles recht teuer. Auf dem Meer Es wird langsam wärmer und immer wärmer – und immer dunstiger. Unangenehm. Wir schippern auf dem Ostchinesischen Meer. Zwischendrin niederstürzender Tropenregen („liquid sun“, sagt der Käpten, den wir im Fahrstuhl treffen), dann strahlender Sonnenschein. Das Meer aalplatt wie der Gauerbachsee, nur sehr viel wärmer. Abends treffen wir die 25jährige Chiefingeneerin des Schiffes. Sie trägt einen Pferdeschwanz und hat Geburtstag. Der Barpianist stimmt „happy birthday“ für sie an und wir singen – nach Möglichkeit – mit. Sie stammt aus der Türkei und fragt uns, ob wir schon mal dort gewesen seien. „Immer nur auf Durchreise“, geben wir zu Protokoll. Da wissen wir noch nicht, wie spannend sich unser nächster Istanbul-Aufenthalt gestalten wird. Wir lernen 4 weitere Deutsche auf deren Initiative hin kennen, sehr nett. Sind die (wenigen) anderen in der Nähe, sprechen wir laut englisch. Muss man nicht unbedingt kennenlernen. Zwei Tage auf See: Da kommt man auf alle möglichen komischen Ideen. Der Wind frischt ein bisschen auf und wir erfinden den Balkonhaarschnitt mit automatischem Haartransport ins Meer. Das geht ganz gut, da mit dem Haarschneider auch nicht so ganz viel Präzisionswerk erforderlich ist. Bisschen schaukelig schon, aber wer kann schon sagen, sein Haarschnitt stamme vom Ostchinesischen Meer? April Yehliu Geo Park (Taiwan) Sehr bizarr – leider auch sehr nass. Der Markt um den Park herum hat die Zeichen der Zeit erkannt und verkauft wie verrückt bunte Regenmäntel – danke für das schöne Fotomotiv! Der Yehliu-Geo Park liegt sehr schön über dem Meer, die Küste zerklüftet und diese Wahnsinns-Figuren haben sich ergeben aus unterschiedlichen Gesteinshärten. Unser Reiseführer macht sich Sorgen um den Hals der die Königin genannten Figur. Der sieht in der Tat schon recht fragil aus. Sie (die Königin samt Hals) wird deswegen heftig fotografiert. Ist es vielleicht so, dass uns die Dokumentationssucht angesichts angekündigter Vergänglichkeit besonders heftig überkommt? Es wird fotografiert, was das Zeug hält. Die ganze bunte Regenmantelbagage macht sich gut in der bizarren Landschaft. Auf dem Weg zur Tee-Plantage (Bio-Tee) regnet es immer mehr und dichter Nebel kommt auf. Ist – je höher wir kommen – schon auch ein bisschen unheimlich. Der Weg führt durch eine grau-grüne Vegetationshölle. Beim Tee-Pflücken passen wir (es gießt wie aus Kannen) und genießen stattdessen eine schöne Zeremonie. Die junge Frau („unser tea-master“) wirkt zutiefst gelassen und strahlt große Ruhe aus. Sie erklärt mir, wie man welchen Tee in welchem Gefäß aufgießt. Sie wirkt vollkommen gelassen. Da will ich auch hin! April Hongkong Die eigentliche Show ist wieder der Reiseleiter. Er heißt Patrick und erklärt uns im Laufe des Tages seine buddhistische Wiederkehrtheorie. Er war einmal ein Fisch (das erklärt, warum er gern und viel trinkt, besonders wenn sein Freund Jonny Walker vorbeikommt). Danach hatte er allerdings das Pech, als armer Reiseleiter in Hongkong wiedergeboren zu werden. Beim nächsten Mal möchte er gerne Rennpferd in Hongkong werden (wir fahren gerade an der Rennbahn vorbei). Grund: Im Sommer, wenn es extrem heiß ist (Juli/ August), gibt es keine Rennen, die Pferde bekommen zu fressen, erhalten Massagen und stehen in gut klimatisierten Boxen. Arme Reiseleiter dagegen müssen in der Hitze besonders viel arbeiten! Aha! Jetzt haben wir seinen Wiedergeburtswunsch verstanden. Wenn er sich dann aber als Rennpferd irgendwann ein Bein brechen werde, werde er erschossen und käme bestimmt als armer Reiseleiter in Hongkong wieder zur Welt. Derweil regnet es wie verrückt. Wir fahren mit der Tram zum Victoria Peak hoch. Die Tram wurde durch ein Schweizer Unternehmen ganz erneuert, aber die Strecke ist ja dieselbe und führt direkt in – noch mehr Regen und ordentlich Nebel. Null Sicht! Gut, dass wir am Ende unserer China-Reise vor Jahren einmal etwas mehr gesehen haben. Statt der wunderbaren Aussicht auf Hongkong beschäftigen wir uns mit dem Regenschirmtrockner, der in der Lobby steht. Interessantes und sinnreiches Tool angesichts der spiegelblanken Böden! Der Regen- und Nebelfall scheint rein statistisch der häufigere zu sein und Patrick führt deshalb 2 Bilder mit dem Ausblick von hier oben bei sich – zum Fotografieren! Er erklärt uns, er habe auf zwei Dinge im Leben keinen Einfluss: Auf den Schuhkauf seiner Frau und das Wetter. Stanley Market ist gnädiger Weise überdacht. Allerdings gatscht es ordentlich durch die angestückelten Wellbleche. Die Schuhe sind längst durch nass, die Jeans bis übers Knie. Bezüglich der nun angekündigten Sampanfahrt im Hafen von Aberdeen kommt keine rechte Freude auf. Von unten, von der Seite nass und nun noch aufs Wasser? Aber das Wunder geschieht: Der Regen hört kurz auf und wir sehen die ungeheuren Kontraste von ungeheuer protzigen Yachten der Reichen Hongkongs zu den ungeheuer verkommenen Hausbooten und Fischerbötchen der weniger Reichen. Die Fahrt durch den Hafen ist in jeder Hinsicht interessant, es kommt sogar ein Hauch Sonne um die Ecke. Am Abend entschuldigt sich Hongkong mit schönstem Sommerwetter und strahlenden Fassaden. April Gespräche beim Frühstück Zuerst ein sehr distinguiert wirkendes Paar, sie sehr goldbehangen. Wir unterhalten uns über den furchtbaren Regen in Hongkong. Die Liste meiner Total-im-Regen-Orte (Sidney, Tatoori Flower Park, Yehlin-Geo Park, Hongkong) wird langsam länger. Ich hoffe, ich habe mir an dieser Stelle nicht große Wärme und viel Sonne gewünscht. Die Folgen dieses Wunsches wären böse! Nach diesem Regen-Gespräch gehen die beiden weg und zu meiner Überraschung ruft sie plötzlich – goldbehangen und laut: „Oh I love the coulour of your shoes!“ Ich schaue völlig verblüfft auf meine nicht eben der Eleganz verdächtigen himmelblauen Birkis. Sie trägt Goldsandälchen der teuersten Art. „Meine sind bequemer“, denke ich. – Als nächstes setzt sich ein sehr blasses Paar neben mich (ich müffele länger an meinem frisch geschnittenen Obst herum). Sie im langärmeligen Trainingsanzug (es sind deutlich über 30 Grad). Sie erzählt, als sie das letzte Mal in Vietnam gewesen seien, habe es 99 Grad gegeben. Ich schaue verblüfft, vermute Fahrenheit und weiß wieder nicht, wie das umzurechnen ist. Und ich habe im Hinterkopf, dass für Da Nang 43 Grad angekündigt sind. Sie rechnet lange (dauert), ich schaue interessiert. Dann kommt das Ergebnis: „Very hot“. Aha! Sie haben vorher in Alaska gelebt und leben jetzt in Florida. Sind also durch nichts zu erschüttern. Das Wetter in Florida ist – wie sie mir versichert – „better for the bones“. Ich glaube, das Wetter im Emsland ist eben nicht gut „for the bones“. Dabei fällt mir auf, dass mir während der gesamten Reise nichts wehtut. Seltsam! Aber was soll man tun? Zurück ins Emsland halt. Und richtig: wenige Tage nach Beendigung der Reise fängt meine Körper-Wetterstation wieder an zu arbeiten. April Südchinesisches Meer Ein Tag auf dem Südchinesischen Meer. Es wird immer heißer. Fühlt sich an wie eine Waschküche in den 50er Jahren. April Hue (Da Nang) Mal was Neues: Die Gangway klemmt. Es wird eine local gangway herbeigeschafft und mit einem Autokran angebracht. Da ist es „noch“ 30 Grad, für mittags sind aber 43 angekündigt. Es stellt sich uns die durchaus dringende Frage: Wer wollte hier eigentlich hin?! Und vor allem: Wer in drei Teufels Namen wollte bei 43 Grad eine Rikscha-Fahrt machen? Die Temperaturen in Da Nang sind wirklich unerträglich. Unser sehr netter und fürsorglicher Reiseleiter parkt uns im Schatten, wo es geht. Er zeigt uns im (klimatisierten!) Bus Videos von der Landung der Amerikaner in der südchinesischen Bucht. Deutlich sieht man dort Frauen mit Blumen die Amerikaner begrüßen. Sie seien manipuliert worden, erklärt er und er wolle sich nun möglichst bei gegensätzlichen Medien informieren. Recht hat er, denn Information und Manipulation liegen oft nur einen Kameraschwenk oder einen blöden Spruch auseinander. Unterdessen fahren wir an einer wunderschönen Bucht entlang, es baden nur wenige, aber morgens und abends sei es dort recht belebt, sagt er. Tolle moderne Hotels wechseln mit verkommenen Buden und Fischerbooten. Die Vegetation ist beeindruckend schön: sehr große blühende Cassien, Frangipani, Hibiskus, Bougainville säumen den Straßenrand. In Da Nang ist das Cham-Museum (Nachfahren des ehemals bedeutenden Königreichs Champa) sehr interessant. Nach kurzer Zeit suchen alle aber unauffällig nach dem nächsten Ventilator, um sich davor zu positionieren. Es gibt Temperaturen, bei denen Kulturinteressen hinter Überlebensstrategien deutlich zurücktreten. Vom Cham-Museum geht es per Rikscha (alle Fahrer tragen gelb-bunte Hawaiihemden) sightseeing. Ich bin durchaus besorgt, denn die Zweiradfahrer wuseln millimeterknapp um uns herum. Es wird – wie in vielen asiatischen Ländern – mit der Hupe navigiert. Die Rikscha-Fahrer sind unglaublich freundlich und kurven uns trotz Hitze immer wieder zu Stellen, von denen sie glauben, dass wir sie sehen wollen. Dass ich mich sehr über die bunte Vegetation an den Straßenrändern freue, weiß mein freundlicher Fahrer nicht. Er zeigt mir große Brücken, Kirchen, Straßen, Bildschirme, die ich brav fotografiere. Leider haben wir kein vietnamesisches Geld getauscht, was mir sehr leidtut. „Tip!“ funktioniert eben nur bar. Und diesen Fahrern hätten wir gerne zu der Bezahlung von der Company etwas hinzugegeben. Nächstes Mal dran denken! Anschließend fahren wir – wieder an dieser wunderschönen Bucht mit den blühenden Bäumen entlang – zu den Marble Mountains (Marmorbergen). Ein ganzes Dorf macht hier Marmorstatuen. Ich kaufe für meinen Schreibtisch einen Cristle Marble Happy Buddha. Auch wenn das Material vielleicht weniger kostbar ist als angegeben: Er wird mir Glück bringen und mich an Da Nang erinnern. Als wir zur Lingh Ung Pagoda hinauffahren, sieht man immer wieder die riesige Quan Yin Statue, die Buddhis Goddess of Mercy. Unser Reiseführer erzählt, dass die amerikanischen Soldaten diesen Berg Monkey-Mountain genannt haben. Ich denke kurz an unseren alten Freund Chuck Cuic, der in den Siebzigern in Vietnam stationiert war. Er schenkte Charly Monecke eines Tages einen ledernen Tabakbeutel (sehr gut schließend) aus Vietnam. Dabei bemerkte er, da sei damals in Vietnam meistens etwas anderen drin gewesen. Und dann noch lapidar: Überhaupt seien sie meistens bekifft gewesen, anders hätte man das gar nicht aushalten können. Ob man danach die Veteranen fragen könnte, die unser Reiseführer heute herumfährt? Es sagt, sie seien ganz besonders interessierte und aufgeschlossene Reisegäste. April Altern, ein gestalteter Prozess!? Auf so einem Schiff trifft man unweigerlich auf sehr unterschiedliche Modelle, den Altersprozess zu gestalten und kommt ins Grübeln, zu welcher Kategorie man gehören möchte. Beobachtungen beim Frühstück: Alte Dame (ca 80) trägt eine pinkfarbene Brille, graue Haare mit einem ordentlichen, (also wohl gewollten!?) Rosaschimmer. Dazu ein rosa Lotterhemdchenkleid, wie ich es mit 17 einmal besaß (damals aus Kostengründen nach Brigitte-Schnittmuster selbst geschneidert). So what? Kann man ja machen, aber schöner wird sie durch dieses rosa Pölterchen nicht direkt. Ihr Gegenüber eine vielfältig tätowierte Dame, deren Tattoos alters- und gewichtsbedingt ziemlich auseinandergegangen sind. Haar kurz, oben blond mit dunkler Untermatte. So what? Ich liebe die Amerikaner. Sie können so einen Wahnsinn immer noch mit Würde tragen. Europäer haben da so einen leichten Hang zur Scham, der den lustigen Auftritt stört. Ein Ami (schlank, gelbes T-Shirt) kommt vom Sport. Er bewundert ausführlich das überaus wild gemusterte Blumen- und Hawaiimusterhemd – das viel Platz hat, sich auf der sehr fülligen Vorderseite seines Gesprächspartners auszubreiten. Ich warte auf Ironie. Vergeblich. Ich glaube, er findet das Hemd einfach schön. So what! April/1. Mai Ho Chi Mingh City (Saigon) Der Kapitän fährt uns ganz in den Saigon-River hinein. Mangrovenwälder rechts und links. Saigon ist eine schöne Stadt. Wir bewundern, umspült von Zweiradfahrern, die Bausubstanz des 19. Jahrhunderts und lernen, eine Straße selbstständig und verletztungsfrei zu überqueren. Echte Kunst. Im legendären Hotel Majestic (eröffnet 1925) bekommen wir eine wunderbare (klimatisierte) Tea-Time. Notre-Dame (bisschen kleiner als das Original in Paris) ist leider gerade eingehaust. Das Central Post Office von Villedieu ist wirklich schön, der Ben Than Market beinhaltet Furz und Feuerstein. Irgendwann, ganz ehrlich, unterscheidet man nur noch nach klimatisiert – nicht klimatisiert… Mai Singapore Singapore, schön wie immer: blühende Bäume und Büsche, cleane Straßen, freundliche Menschen…diesmal ist es hauptsächlich unser Rückkehrort. Nach Istanbul und dann Düsseldorf. Nach langem Flug in Istanbul: Das ist echt ein Flughafen zum Rennen! Weil trotz Koffer-Durchschleifen alle Kontrollen (Uhr ab, Gürtel raus, Devices raus…) gemacht werden, bilden sich so lange Schlangen, dass der Anschlussflug quasi nicht zu schaffen ist. Wir eilen, wir eilen, der Gatte geht noch schnell zur Toilette und ich erhalte am Gate das freundliche Angebot, ich könne allein fliegen oder gar nicht. Als ich schon Holland verloren wähne, kommt eine kleine Reisegruppe aus Ghana angerannt, schreit und macht ein derartiges Theater, dass sie den Bus tatsächlich noch einmal zurückbeordern und wir – wieder rennen! – doch noch mitfliegen können. Danke. Eure Emotionen und das mitgeführte Baby waren in diesem Falle Gold wert. Später in Düsseldorf stehen wir dann in derselben Schlange: Lost-And-Found-Schalter. Hier gab es jede Menge Lost: sehr viele Koffer waren nicht mitgekommen. Meiner kam 3 Tage später. Musste ja, da war meine Glücksbuddha drin. Wirkt also!                

Reisen zum Beispiel (für Bilder bitte anklicken)

Reisen zum Beispiel! Liebe Leser! (Sie wissen: an geraden Tagen -28.9.23 – der männliche Plural) Liebe Leser/Gucker! Heute mute ich Ihnen mal etwas zu! Sie kennen das Gedicht Reisen (1950) von Gottfried Benn? Da ist einer (Benn oder wer auch immer), dem die Utopien gründlich flöten gegangen sind. An dieser Stelle ist der Text anschlussfähig an unsere belämmerte Gegenwart. Und doch: Wir waren dieses Jahr viel unterwegs. Eskapismus? Bedingt…es kam einfach so…Und jetzt die Zumutung: eine bunte und lange Scrollrunde von Beobachtungen in naher und weiter Ferne: Gottfried Benn, Reisen Meinen Sie Zürich zum Beispiel sei eine tiefere Stadt, wo man Wunder und Weihen immer als Inhalt hat? Meinen Sie, aus Habana, weiß und hibiskusrot, bräche ein ewiges Manna für Ihre Wüstennot? Bahnhofstraßen und Rueen, Boulevards, Lidos, Laan – selbst auf den Fifth Avenueen fällt Sie die Leere an – ach, vergeblich das Fahren! Spät erst erfahren Sie sich: bleiben und stille bewahren das sich umgrenzende Ich. Text zitiert nach: Gottfried Benn: Sämtliche Werke. Stuttgarter Ausgabe. In Verb. m. Ilse Benn hrsg. v. G. Schuster und H. Hof, Klett-Cotta, Stuttgart 1986 2023 „mussten“ wir ganz viel reisen. Das war der Corona-Reisestau (heißt: einige Reisen wurden verspätet fällig, weil unter Corona ausgefallen, andere waren neu gebucht, noch wieder andere gehörten zum alljährlichen Ritual). Also in dieser Reihenfolge von Januar bis September 2023: Neuseeland – Australien (die Reisebeschreibung finden Sie unter Ver-reisen), Spandau, Douro-Tal und Lissabon (finden Sie auch schon hier), wieder Spandau und Berlin (Berlin bei Spandau, sagen die Spandauer),   von Barcelona nach Hamburg (finden Sie hier), wieder Spandau, Waldkirch, Freiburg, Lespinassière (Minervois),     Makkum (Ijsselmeer),     Abschlussdeich, Zwischendrin natürlich immer wieder das schöne Lingen. Was macht das mit zwei alten Menschen, wenn sie so viel unterwegs sind? Schließlich müssen die drei kleinen Gehirnzellen all diese Eindrücke verarbeiten? Als Benn das Gedicht schrieb, war er 62. Was für einen resignativen Zug muss ich da wahrnehmen?! Gut, er war zweimal politisch gescheitert. Aber die Ursache war u.a. seine Bewertung der Nazis (anfängliche Begeisterung). Die melancholische Geste kam in den 50ern gerade in Mode (mit diesem Gedichtband war er dann wieder „auf den Markt“) Aber müssen wir nun zu Haus bleiben? Und wie geht still sich umgrenzen? Aufm Sofa bleiben? Norderney, Und von Schönheit berührt sein kann der Betrachter in Lingen, Spandau, Berlin, Dunedin und Posemuckel (dabei: da waren wir noch gar nicht!). Gerade weil wir viel unterwegs waren, ist mir aufgefallen, was für schöne Ecken es in den Ecken gibt, nicht nur an prominenten Reiseorten! Und ansonsten: Wird schon, Herr Benn!      

Schönes Emsland (für Bilder bitte anklicken)

Nicht vergessen: Wenn Sie Bilder in den Berichten (erstmal sehen Sie nur die Texte) sehen wollen: anklicken. Dasselbe gilt, wenn Sie die Fotogalerien öffnen wollen. Zwischendrin möchte ich doch mal eine Lanze für das schöne Emsland brechen. Konkret in diesem Fall für das Stück Dortmund-Ems-Kanal vom Neuen bis zum Alten Hafen. Dort grünt und blüht es im Moment, dass botanisch Interessierte  gerade voll auf ihre Kosten kommen: Johanniskraut, Wundklee, Hopfenklee, Hornklee, Zaunwinde, Wiesen-Wucherblume, Engelwurz, Wiesen-Kerbel, Wilde Möhre, Schafgarbe in weiß und rosa, Mohn, Diesteln…und und und…(alle Aufnahmen vom 26. und 27. Juni, die Entenküken sind am 25. Juni 2023 geschlüpft) Botanik am Dortmund-Ems-Kanal zwischen Altem und Neuem Hafen Und:  Die Tierwelt auf dem Stück zwischen Meckerbrücke und Neuem Hafen: Gusti ist dort präsent und Enten mit wenigen Küken. Sie haben es dort unten wegen der Ratten, Kormorane und an Land wegen der Elstern schwer. Eine Ente, ich habe sie Daisy (wegen der frappierenden Ähnlichkeit mit Daisy Duck:-) getauft) brütet zum wiederholten Male auf unserem Balkon. Da ist sie sicher, aber der Abstieg wird von den Elstern sofort bemerkt. Sonntag hatte sie noch 5 Kükchen, heute -Dienstag- finde ich sie mit 3 Kükchen auf dem Kanal. Immerhin… Entenhausen bei Lingen: Zum Schluss noch ein Suchbild  (Daisy mit Kükchen):